Da ist sie wieder. Die kleine, zerkrümpelte Socke. Mitten im Wohnzimmer. „Ist das Kunst oder kann das weg?“ wäre eine coole Reaktion. Realistischer in vielen Haushalten: „Ich habe dir schon hundertmal gesagt, du sollst die Socken in den Wäschekorb tun!“ Plötzlich hat eine kleine Socke die Kraft, dich auf die Palme zu bringen. Und damit dich von dort oben überhaupt jemand hört, brüllst du wütend durch die Wohnung.
Wo diese plötzliche Wut herkommt? Sicher nicht von der herumliegenden Socke. Aber: Die Socken-Reaktion kann ein Hinweis auf unerfüllte Bedürfnisse sein. Wenn wir nicht gut für uns sorgen, sehen wir sofort Rot. Werden wütend, laut und ungenießbar. Elternsein ist Überforderung mit Ansage. Um so wichtiger, dass wir als Eltern gut für uns sorgen. Wir haben mit der Autorin und Familienberaterin Katia Saalfrank gesprochen und neun Tipps für Selbstfürsorge und Achtsamkeit im Familienalltag zusammengestellt.
Mit Achtsamkeit in den Tag starten
Pah, von wegen Miracle Morning, entspannt in den Tag starten und so! Dein Alltag sieht anders aus. Geschwisterstreit schlichten, Brotboxen fertig machen, verschütteten Kakao aufwischen. Dann das große Aufatmen, wenn die Kids tatsächlich pünktlich in Kita und Schule angekommen sind. Der Bodyscan im 3-Sekunden-Schnelldurchlauf sagt dir: Du bist reif für den Feierabend. Dabei ist es gerade mal acht Uhr morgens.
Katia Saalfrank ist selbst Mutter von vier Kindern. Und weiß: „Die Me-Time will gut organisiert sein. Ausreichend Schlaf und genügend Zeit für dich am Morgen sorgen für aufgeladene Batterien.“ Wir finden, es ist einen Versuch wert. Anstatt früh morgens schon auf Instagram durch die Welt zu surfen, tauchst du in deine innere Welt ein und kommst in Verbindung mit dir selbst. Dazu gibt es großartige geführte Meditationen. „Dafür solltest du dir den Wecker so stellen, dass du vor deinen Kindern wach bist. Klingt hart? Wirkt aber Wunder. Vor allem, wenn du es zu deiner regelmäßigen Morgenroutine machst.“, erklärt uns Katia Saalfrank.
Beruhigender Zauberatem
Atmen. Ganz wichtig. Wer es raus hat, erstmal bewusst zu atmen, bevor er reagiert, ist schon ein ganzes Stück weiter. Vielleicht machen die Kids sogar mit beim „Zauberatem“. Und spüren, wie er hilft, sich wieder zu beruhigen. Einatmen. Ausatmen. Ganz langsam. Ein paar Mal wiederholen und dabei spüren, wie die Wut kleiner und kleiner wird.
Affirmationskarten für die ganze Familie
Kinder lieben Rituale. Ein schönes Achtsamkeitsritual ist das gemeinsame Ziehen von Affirmationskarten: Jede*r darf sich eine Karte für den Tag ziehen. Das bringt positive Gedanken und das gemeinsame Frühstück wird zum Superfood für Körper und Seele.
Küchen-Kakao-Gespräche: süße Offenbarungen
Ihr habt Knatsch oder du weißt einfach gerade so gar nicht, was in deinem Kind vor sich geht? Lade dein Kind doch mal zu einem „Küchen-Kakao-Gespräch“ ein. Oder zu einem Kuschel-Couch-Gespräch. Hauptsache, ihr macht es euch gemütlich und du hörst mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu. Kein Monolog, keine Standpauke, sondern Austausch auf Augenhöhe. Wenn das gelingt, ist es zum Dahinschmelzen. Wie die Marshmallows auf dem heißen Kakao. Wie ihr beim „Küchen-Kakao-Gespräch“ gut in Kontakt und Verbindung kommt, erfährst du in Katia Saalfranks Buch „Die Reise zur glücklichen Eltern-Kind-Beziehung.“
Wellness für die Seele: Digital Detox @home
Fast ist es so, als wäre das Smartphone das Neugeborene des Hauses. Kaum gibt es einen Ton von sich, lassen wir alles stehen und liegen. Und merken gar nicht, wie wenig wertschätzend es für unsere Kinder ist, wenn wir beim Bau eines Legoturms immer wieder aufs Handy schielen. Beim ersten Klingeln sofort aufspringen, obwohl unser Kind uns gerade seine neueste Zeichnung erklärt. Digital Detox tut nicht nur in der Wellness-Oase gut, sondern auch Zuhause.
Kissenschlacht, Waldbaden oder einen Ausflug auf die (Beziehungs-)Insel
Liefert euch wilde Kissenschlachten, watet bei einem gemeinsamen Waldbad barfuß durch den Bach, schminkt euch bunte Löwengesichter und brüllt um die Wette. Gemeinsam Lachen ist der Gute-Laune-Booster schlechthin und bringt wieder mehr Unbeschwertheit und Leichtigkeit ins Familienleben. „Schafft euch regelmäßig kleine Beziehungsinseln“, empfiehlt die Expertin. „Sie stärken die Verbindung und versüßen den Alltag. Und somit die Kindheit deiner Kinder.“
„Emotionale Vitaminpillen mit Depotwirkung“
Hast du deinem Kind heute schon etwas Nettes gesagt? Es liebevoll umarmt oder ihm über den Kopf gestreichelt? Einfach so, weil es ist, wer es ist? Ein quer durch die Wohnung gerufenes „Schön, dass du da bist“ ist ganz nett, aber ohne große Wirkung. Wenn du hingegen deinem Kind dabei tief in die Augen schaust und es von Herzen kommt, wirkt der gleiche Satz wie eine Vitaminpille mit Langzeitwirkung. „Emotionale Vitaminpillen mit Depotwirkung“ sind „kleine und größere positive Verbindungsmomente, die du bewusst schaffst, und gute Botschaften, die dein Kind nähren. Sie wirken sowohl unmittelbar als auch langfristig. Sie stärken das Selbst deines Kindes, lassen das Kind an seinen inneren Wert glauben und geben ihm das Gefühl: Ich bin ok, so wie ich bin.“ (aus: Katia Saalfrank, Die Reise zur glücklichen Eltern-Kind-Beziehung).