Wunderöl vom Baum des Lebens
Steine, staubtrockener Boden, wenig Wasser. Das Leben ist hart in der Arganeraie, einem Gebiet zwischen den beiden Gebirgsketten des Hohen Atlas und des Antiatlas in Marokko. Menschen, Tiere und Pflanzen müssen genügsam sein, um zu überleben. Doch gerade die Frauen fallen hier durch Jugendlichkeit, Vitalität und ihre strahlende, glatte Haut auf. Ihr Geheimnis? Sie nutzen seit jeher die vielseitigen Kräfte des Arganöls. Zum Kochen, als Medizin und zur Schönheitspflege.
„Baum des Lebens“ wird der Arganbaum in Marokko ehrfurchtsvoll genannt. Schon seit 80 Millionen Jahren soll er in Nordafrika wachsen, vermutlich haben sich schon die Dinosaurier in seinem Schatten ausgeruht. Seine Dornen schützen ihn vor Tierfraß. Als wolle der Baum jedes Blatt verteidigen, das er der extremen Trockenheit abgetrotzt hat. Nur Ziegen gelingt es, die acht bis zehn Meter hohen Bäume zu erklettern.
Geballte Kraft in einer winzigen Nuss
Der Arganbaum ist wesentlicher Bestandteil der uralten Kultur der dort ansässigen Berberstämme. Sie kennen die wunderbare Wirkung des aus den Arganfrüchten gewonnenen Öls schon seit Jahrhunderten – und seit ein paar Jahren lieben es Männer und Frauen auf der ganzen Welt.
Das Öl des Arganbaums enthält über 80 Prozent ungesättigte Fettsäuren (gut für gesunde Zellwände, das Gehirn und den Blutdruck), eine ganze Palette an Antioxidantien (wofür die gut sind, kannst du hier nachlesen), Vitamin E (für kräftiges, gesundes Haar) sowie Phytosterine, das sind Pflanzenstoffe, die in besonderer Weise die Vitalfunktionen der Haut unterstützen.
Zwei Tage Arbeit für einen Liter Öl
Früher wuchs der Arganbaum mit seinen 30 Meter tief reichenden Wurzeln und der üppigen, dornenbewehrten Krone im gesamten Mittelmeerraum. Heute findet man ihn ausschließlich im süd-westlichen Teil Marokkos. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum sein Öl so exklusiv ist: Die Herstellung ist ein mühsamer Prozess, der bis heute nur zum Teil von Maschinen übernommen werden kann. Zuerst müssen die Früchte einzeln vom Boden aufgelesen werden – bei einer Erntezeit von Juli bis September und bis zu 40 Grad im Schatten.
Der steinharte Kern wird nach dem Trocknen mithilfe zweier Steine geknackt. Die Ausbeute: zwei bis drei Arganmandeln, kaum größer als Kürbiskerne. Fünf bis acht Kilogramm Mandeln sind nötig für die Gewinnung von einem Liter Öl. Das entspricht ca. 30 Kilogramm Früchten und der Arbeit von zwei Tagen. Die Praktiken zur Nutzung des Baumes und seiner Früchte werden von der UNESCO zum „immateriellen Kulturerbe“ der Menschheit gezählt.
Eine harte Nuss – geknackt mit Frauenpower
Die Herstellung des kostbaren Öls war schon immer reine Frauensache – und als die Nachfrage dann sprunghaft anstieg, übernahmen nicht etwa die Männer das Ruder. Nein, die Frauen taten sich in Kooperativen zusammen und gründeten ihre eigenen Unternehmen. Heute verdienen die Berberfrauen ihr eigenes Geld, sie sind nicht mehr abhängig von ihren Ehemännern, Vätern oder Brüdern und können ihre Töchter in weiterführende Schulen schicken.